Die Nachtbuchhandlung aus Bari

„Das einschneidenste Ereignis dieser Tage waren die Stunden bei meinem Freund Ottavio in der Osteria del caffe latte, die trotz ihres Namens eine Buchhandlung ist, mit einer recht seltenen Eigenart: Sie ist ausschließlich nachts geöffnet.“

Da ist er also wieder, nach fünf Jahren Pause: Der Anwalt Guido Guerrieri aus Bari, ein feinfühliger, melancholischer Intellektueller, der trotzdem sehr bodenständig wirkt. Das Streben nach Glück und Gerechtigkeit treibt die Hauptfigur in Gianrico Carofiglios Roman „Zeit der Schuld“ (Goldmann, übersetzt von Verena von Koskull) um, er hinterfragt ständig sich und seinen Berufsstand, und erzählt persönlich und ehrlich von seinem neuen Fall.

Lorenza heißt die Frau, mit der Guerrieri vor fast 30 Jahren mal für ein paar Wochen zusammen war. Nun bittet sie ihn darum, ihren Sohn Jacopo vor Gericht vertreten. Der junge Mann ist ein Drogendealer, und er soll einen Mord begangen haben. Die Beweislast scheint erdrückend, doch Guerrieri und sein kleines Team finden tatsächlich ein paar Lücken im Verfahren.

Gianrico Carofiglio überzeugt in diesem unterhaltsamen Krimi erneut mit einer realistischen Schilderung des Anwaltsalltags. Seine sympathische Hauptfigur berichtet von Papierkram, Formsachen, Verfahrensfragen und Instanzen – doch zum Glück dreht sich diese Krimireihe nie allein um die Rechtsprechung, sondern immer auch um philosophische Fragen. Und natürlich um die wunderbare Nachtbuchhandlung und einen Anwalt, den ich sofort engagieren würde, wenn ich juristische Probleme hätte.

Ich habe das Buch am 12. Juni in meiner Literatursendung  auf egoFM vorgestellt. Zur Show hier. 

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