Was tun, ohne Lesungen und Festivals?

Neun Wochen. So lange müssen wir Buchmenschen nun schon verzichten. Auf Lesungen, Literaturfestivals, Diskussionsrunden, Messen. Klar, all das gibt es auch online, auf den Seiten von Verlagen, Kulturinstitutionen, Facebook und Instagram, mehr denn je. So erfreulich diese Aktivitäten auch sind: Echte Begegnungen ersetzen sie nicht. Das gleiche gilt für Konzerte, Theaterstücke, Tanzaufführungen und Opern.

Als Moderator von Live-Veranstaltungen leide ich doppelt: Mir fehlen die inspirierenden und motivierenden Treffen mit Autor*innen, Besucher*innen und Organisator*innen. Und mir fehlen die Honorare. So geht es tausenden Freiberuflern, und die Aussichten bleiben düster. Dennoch sind z.B. Soforthilfe und Künstlerhilfe in Bayern nicht kombinierbar – man darf also nur entweder nicht bezahlbare Betriebskosten haben oder nicht bezahlbare Lebenshaltungskosten. Beides ist nicht vorgesehen, sprich: völlig lebensfremd. Und: Staatliche Hilfen für Freiberufler sind auf drei Monate begrenzt – die Behörden tun so als ob ab Juni das Kulturleben wieder auf Normalniveau hochgefahren würde.

Die Realität sieht anders aus. Mir wurden schon Aufträge für Spätherbst gecancelt: Europas größtes Krimifestival Mord am Hellweg findet genauso wenig statt wie das Krimifest Tirol – auf beiden hätte ich Veranstaltungen mit internationalen Autoren moderiert. Zahlreiche zugesagte Auftritte für meine Literaturshow mit Karla Paul wurden ebenfalls gestrichen – mit viel Glück finden sie noch irgendwann dieses Jahr statt. Niemand weiß es. Und die Frankfurter Buchmesse? Auf deren Homepage heißt es heute optimistisch: „Noch 146 Tage“ Aber niemand glaubt daran, dass die Messe halbwegs normal stattfinden wird. Nächste Woche soll es dazu eine klare Aussage geben.

Zum Glück produziert die Verlagsgruppe Random House weiterhin unseren Podcast LONG STORY SHORT (neue Folgen hier). Und zum Glück bin ich Journalist. Ich recherchiere und schreibe also momentan mehr als dass ich moderiere. Leider wird das Schreiben unfassbar schlecht bezahlt, auch von sogenannten Qualitätsmedien. Aber ich lasse mir die Laune nicht vermiesen. Vor kurzem habe ich den niederländischen Historiker Rutger Bregman und den italienischen Autor Marco Balzano interviewt – beide schätze ich sehr.

Am 30. Mai moderiere ich auch wieder. Die Buchpremiere mit Leonie Swann (Weltbestseller „Glennkill“, neuer Roman „Mord in Sunset Hall“) in München wurde zwar abgesagt, aber wir beide unterhalten uns trotzdem. Über Instagram. Und ich bereite ein spannendes neues Literaturprojekt im Radio vor… Details folgen… Bleibt gesund!

Warum die Absage der Messe nicht nur traurig, sondern existenzbedrohend ist

Es tut weh, ja. Immer noch. Aber wir alle, Journalist*innen, Autor*innen, Moderator*innen, Verlagsmitarbeiter*innen und Buchhändler*innen haben uns natürlich damit abgefunden, dass die Buchmesse abgesagt wurde. Es macht schließlich Sinn.

Noch immer ist es allerdings etwas surreal. Denn wir haben uns schließlich auf die Begegnungen und Veranstaltungen vorbereitet, sind in Kopf und Herz schon in Leipzig gewesen, haben geplant und organisiert, uns gefreut.

Die Absage ist nicht jedoch nur traurig, sondern auch existenzbedrohend. Denn für viele von uns ist der Rahmen der Leipziger Buchmesse ein wichtiger, entscheidender Auftrags- und Umsatzbringer. Vor allem Freiberufler*innen wie ich bleiben oft auf ihrer bereits geleisteten Vorarbeit sitzen, ohne Honorar. Manche Auftraggeber zahlen Ausfallhonorare, andere nicht. Auch für Verlage, vor allem die kleineren, kann die Absage fatale Folgen haben: Weniger PR, weniger Verkäufe, weniger Umsatz.

Da hilft nur: Nach vorne blicken. Noch sind nicht alle Lesungen vor und nach der Messe gestrichen. Mein Auftritt mit Arne Dahl in Leipzig ist zwar gecancelt worden, aber unsere Veranstaltungen am nächsten Montag und Dienstag in Radolfzell und Stuttgart finden statt. Und sogar für Leipzig gibt es nun einen Ersatztermin am 12.3. in der Musikkneipe Horns Erben. Pascal Engman, den ich auch schon in Leipzig treffen sollte, liest wie geplant am 16. März bei den Kriminächten Stuttgart, und ich freue mich auch auf diese Moderation. Auf jede, die nicht abgesagt wurde.

Besonders bitter: Auch mein Auftritt mit Karla Paul und unserer Literaturshow auf der Messe wurde gestrichen. Aber wir sind bald wieder live zu sehen: Am 27.3. in Voerde, in einer evangelischen Kirche! Alle Infos dazu hier. Weitere Termine unserer Show: 6. Mai Lübeck, 7. Mai Hannover, 27. Mai Berlin, 28. Mai Leipzig (ja, Leipzig!!!) – alle in Hugendubel-Filialen.

Und noch eine gute, ansteckungsfreie Nachricht: Bald gibt es neue Folgen unseres Literaturpodcasts „Long Story Short“. Ab 10. März kostenlos auf allen Kanälen, zum Beispiel hier.

Mögen sich die Viren endlich beruhigen. Oder wenigstens die panischen Vorsorgeabsagen abklingen. Oder was meint Ihr?

Für die Buchmesse gewappnet…

buchmesse 2017…bin ich diesmal besonders gut. Denn aus der hintersten Ecke meines Buchregals zog ich dieses Werk aus dem Jahr 1950. Ein Erbstück von meiner Großtante. „Kleines Wörterbuch für literarische Gespräche“, ja, das kann ich für die Messetage gut gebrauchen. Erklärt und ironisch beleuchtet werden darin alle wichtigen Begriffe – von Dialektik, Dichtung, Drama über Reim, Rhythmus bis zu Schriftsteller, Talent und Witz. Kleine Kostproben?

Im Roman pflegt der Mensch von heute Literatur zu sich zu nehmen.“

Verleger nennt man jene merkwürdigen Leute, die einen Beruf daraus machen, Bücher nicht zu schreiben, sondern zu drucken, und das mit einer Leidenschaft, die zuweilen stärker ist als die der Menschen, die die Bücher schreiben.“

Der Kitsch ist eines der Grundprobleme alles künstlerischen Schaffens.“

Kritik ist die erste Brücke zwischen Werk und Allgemeinheit, Leistung und Publikum. Sie bestimmt das Gerede, nicht den Erfolg.“

Also: Nicht wundern, wenn ich in Frankfurt besonders schlau daherrede.

Ja, Ja, Ja, Leipzig

buchmesse leipzig, günter keil, moderation, lesungen, literaturblog Ja: Das Hotelzimmer ist total überteuert. Ja: In den Hallen ist es eng, stickig und laut. Ja: Es gibt schönere Orte als das Messegelände Leipzig.

Und dennoch: Schön, dass es morgen wieder losgeht! Ich freue mich auf das große Frühjahresklassentreffen aller Literaturbegeisterten. Auf Gespräche, Treffen, Interviews, Moderationen, Anregungen, Kontakte, Lesungen…

Bücher? Mal sehen. Mal überraschen lassen. Die meisten Neuerscheinungen habe ich ja schon. Zum Glück. Aber irgendjemand steckt mir immer im Vorbeigehen noch etwas Interessantes zu – „Hast du das schon gelesen?“ Hm. Kann nicht widerstehen, schleppe am Sonntag vier Kilo mehr nach Hause.

Am Messewochenende ist für mich am meisten los – ich moderiere Veranstaltungen mit Sebastian Fitzek, Tilman Röhrig, Michael Tsokos, Petra Oelker und Michael Lösch. Direkt auf der Messe, bei Leipzig liest!, in der Alten Nikolaischule und bei Lehmanns Media. Ich hoffe, wir sehen uns!

Hallo Messe!

buchmesse frankfurt, literaturblog, günter keil Hallo Frankfurt! Hallo Buchwelt!

Okay. Es geht los. Hab´ ich auch alles dabei? Aspirin, Aufnahmegerät, Powerriegel, Visitenkarten, Halsbonbons, Smartphone… Hab´ ich alle Termine? Weiß ich, auf welchen Bühnen, in welchen Hallen, zu welchen Themen ich moderieren werde? Wann ich wo Autoren und Kollegen treffe und interviewe? Ja. Glaub´ schon.

Na dann. Rein in den größten Literaturzirkus der Welt! Ich freue mich auf den niederländischen Literaten Adriaan van Dis genauso wie auf DJ Bobo, auf Thrillerstar Jo Nesbö und die Kluftinger-Erfinder Klüpfel & Kobr, auf die österreichische Autorin Judith W. Taschler genauso wie auf den Berliner Rechtsmediziner Michael Tsokos. Mit allen werde ich auf der Bühne stehen – irgendwo, irgendwann in den nächsten Tagen. Ach ja, und dann moderiere ich noch eine Diskussion über den Erfolg deutscher Krimis in Großbritannien fürs Goethe Institut. Auf der arte-Bühne. Am Samstag. Um 14.00 Uhr.

Und sonst? Mal sehen. Es wird sicher wieder genial. Und anregend. Und anstrengend. Und alles. Wir sehen uns.

Mensch, Messe!

fbmIch habe sie mal wieder überlebt: die heute zu Ende gehende Buchmesse. Aber warum heißt dieser wunderbare Wahnsinn eigentlich BUCHmesse? MENSCHENmesse wäre passender. Denn der größte Teil der Fachbesucher kommt nicht wegen der Bücher. Sondern wegen: Gesprächen, Treffen, Interviews, Kontakten, Lesungen, Partys.

Es ist großartig, durch die Gänge zu laufen und ständig gegrüßt zu werden (oder Kollegen zu begrüßen). „Hast Du ein paar Minuten?“, „Setz´ dich doch zu uns!“, „Wie läufts bei euch?“, „Auch erkältet?“, „Wie lange dauert´s noch bis zur Happy Hour?“, „Kommst du am Abend?“. Was sonst noch spür- und sichtbar ist von der buchlosen Buchmesse: die unverschämt hohen Preise für mittelmäßige Speisen in den „Restaurants“. Die knalligen Bodenbeläge (rot, blau, türkis). Die Polizisten mit ernsten Blicken (wegen Salman Rushdie und Hamed Abdel-Samad). Das Gedränge in den Toiletten vor den Halleneingängen. Der graue Himmel über Frankfurt. Das professionelle Lächeln der omnipräsenten Flyerverteiler. Das falsche Lächeln von Konkurrenten. Die kunstvoll oder einfallslos gestalteten Stände. Und vor allem: das unvergleichliche Gefühl, eine tolle Messezeit gehabt zu haben. Im ICE zurück nach Hause an all die Begegnungen zu denken. Und festzustellen: Oh, da waren doch auch Bücher.

Spinnen die Finnen?

finniNein. Natürlich spinnen sie nicht. Aber aus deutscher Sicht (Müller, Maier, Huber, Schmidt) haben sie ziemlich verrückte Namen (Kettu, Kyrö, Haasjoki, Rimminen). Na und? Was hat das mit einem Literaturblog zu tun? Viel. Denn Finnland ist dieses Jahr Gastland der Buch- messe Frankfurt. Schon jetzt werden die Finnen überall angekündigt: In den Verlagsprogrammen, auf den Festivals im Herbst, in Handel, im Internet. Bei mir stapeln sich die Rezensionsexemplare. Am 3. November moderiere ich eine finnische Nacht bei „Mord am Hellweg“, dem größten Krimifestival Europas. Mit dabei: Die Autorinnen Leena Lehatolainen, Taavi Soininvaara, Kati Hiekkapelto. Wunderbare Namen, oder? Außerdem bald hier im Blog: Meine Rezension von Rax Rinnekangas Roman „Der Mond flieht“. Rax Rinnekangas. Kein Witz. Danke für diese Namen, Finnland!

Der unbezwingbare Pre-Messe-Bücherstapel

stapelEr wächst. Schnell. Beängstigend schnell. Und ich weiß: ich kann ihn nicht bezwingen, noch nicht. Den Pre-Messe-Bücherstapel. Am 13. März beginnt die Leipziger Buchmesse – jeder Verlag, der nicht schon in den vergangegen Wochen seine wichtigsten Frühjahres-Bücher veröffentlicht hat, tut dies bis zur Eröffnung. Deswegen wächst der Stapel. In ihml befinden sich u.a. Schätze von Donna Tartt, Sasa Stanisic, Bernhard Aichner, Banana Yoshimoto, Feridun Zaimoglu, Matt Ruff, Friedrich Ani, Michael Connelly, Oliver Bottini und vielen anderen. Sie müssen (noch) warten, leider. Und einige werden im Post-Messe-Stapel landen. Das haben sie zwar nicht verdient, aber so ist das harte Leben als Produkt dieser Branche nun einmal.