Der Mönch von Mokka

Was für ein aberwitziger Plan: Mokhtar Alkhanshali, US-Bürger jemenitischer Abstammung, will den Kaffeemarkt revolutionieren. In seiner alten Heimat möchte er die Produktion hochwertigen Kaffees fördern, fairen Handel mit den Farmern betreiben und die kostbaren Bohnen importieren. Doch Alkhanshali meint es ernst. Und das Unwahrscheinliche passiert tatsächlich: Alkhanshali gelingt es, vom armen Einwandererkind zum Kaffeeimporteur und Medienstar zu werden.

Soweit die Kurzfassung der märchenhaften Geschichte „Der Mönch von Mokka“ (Kiepenheuer & Witsch), die Dave Eggers erzählt. Der Autor von „Der Circle“ betont im Vorwort, dass es sich um keinen Roman handelt. Sondern um „die Darstellung von Ereignissen, wie sie von Mokhtar Alkhanshali wahrgenommen und erlebt wurden.“ Eine wahre Geschichte also. Eggers hat sich mehrfach mit dem ungewöhnlichen Unternehmer getroffen und ist mit ihm in den Jemen gereist. In Eggers´ Augen ist Alkhanshali ein Vorbild – einer jener Männer, die „durch unternehmerisches Engagement und beharrlichen Einsatz unentbehrliche Brücken zwischen Industrie- und Entwicklungsländern bauen.“ Das Buch liest sich folgerichtig wie eine Antwort auf Donald Trumps Hetze gegenüber muslimischen Migranten. Auch Einwanderer aus dem Jemen, zeigt Eggers, können für den amerikanischen Traum stehen.

Von Alkhanshalis Abenteuer erzählt Dave Eggers in einer dokumentarischen, bisweilen etwas langatmigen Sprache. Und er verrät im Vorwort zu viel des Inhalts. Dennoch fasziniert dieses Buch als Mix aus Sachbuch, Porträt und Plädoyer für soziales Unternehmertum.

 

Noch Fragen? Ja. Viele.

eggersDieses Buch ist ein riesiges Fragezeichen. Eines, das aus vielen hundert Fragen entsteht. In Dave Eggers Roman
“Eure Väter, wo sind sie? Und die Propheten, leben sie ewig?“ (Kiepenheuer & Witsch) fragt sich die Hauptfigur ihren Frust von der Seele. Thomas will wissen, warum in seinem Leben und seinem Land so vieles aus dem Ruder läuft. Warum werden Milliarden für Kriege ausgegeben, während kein Geld für bessere Bildung vorhanden ist? Weshalb werden die gesellschaftlichen Versprechen für sozialen Aufstieg und Sicherheit nicht gehalten?

Thomas´ fragwürdige Methode: Er entführt mehrere Menschen, deren Rollen für ihn eine symbolhafte Bedeutung haben. In einer stillgelegten Militäranlage kettet er sie an Betonpfeiler und bedrängt sie mit seinen Fragen. Geradezu so, als leite er eine Gerichtsverhandlung über den Zustand der US-Gesellschaft, fordert er eidesstaatliche Aussagen und Schuldeingeständnisse. Angeklagt sind: ein ehemaliger Kongressabgeordneter, ein Polizist, ein Astronaut, und Thomas´ eigene Mutter. Es sind unangenehme, naive und intelligente Fragen, die der Entführer stellt. Fragen, die viel aussagen über die USA. Die Antworten bleiben für den Entführer unbefriedigend. Sie zeigen, wie kompliziert und komplex das Zusammenleben in Gesellschaften funktioniert.

Dave Eggers inszeniert ein radikales Kammerspiel. Obwohl sich sein neuer Roman formal stark von seinem Weltbestseller „Der Circle“ unterscheidet, werden Parallelen deutlich: Wieder nutzt der 45jährige US-Autor ein Einzelschicksal, um eindringlich auf gesellschaftspolitische Probleme aufmerksam zu machen. Ein starker Roman, keine Frage. Nur vielleicht ein bisschen zu früh nach Eggers´ letztem Erfolg.

Google, Circle & Eggers

circleWahnsinn. Vor zwei Wochen erschien „Der Circle“ (Kiepenheuer & Witsch) von Dave Eggers. Und schon steht er auf Platz 1 der Bestsellerlisten. Da dieser Roman bereits jetzt einer der meistrezensierten und -diskutierten der vergangenen Monate ist, fasse ich mich kurz:

„Der Circle“ ist das wichtigste Buch des Jahres, vielleicht sogar der letzten Jahre. Warum? Weil Eggers der Debatte um die Gefahren der digitalen Welt nicht eine weitere These hinzufügt, sondern eine einfache Geschichte. Eine, in der wir uns und andere erkennen können. In der sich aus der glitzernden digitalen Welt ein Alptraum formt. Eggers Werk hat das Potential, auch Leser zu erreichen, die bis jetzt nie daüber nachgedacht haben, was Google, Facebook, Amazon & Co. anrichten können. „Der Circle“ erzählt genau das. Kein Wunder, dass Eggers dafür nun herbe Kritik einstecken muss. Zu einseitig sei sein Roman, zu simpel seine Prosa. Ich bin mir sicher: Eggers wollte das genau so. Denn dieser Stil passt perfekt zur Naivität seiner Hauptfigur und zum arglosen Transparenz-Hype. Dass heiß über seinen Plot diskutiert wird, war garantiert auch beabsichtigt. Insofern hat Eggers alles richtig gemacht – jetzt müssen nur noch viel mehr Menschen dieses Buch lesen. Und darüber sprechen.

 

Überleben in der Wüste

EggersCoverDa hockt er nun, mitten in der Wüste. Schwitzt und wartet. Aber nichts tut sich. Adam Clay, die Hauptfigur des neuenRomans von Dave Eggers, sitzt in Saudi-Arabien fest. Der US-Geschäftsmann will den Deal seines Lebens machen – doch er muss warten, bis der König kommt und seine Präsentation anguckt: tagelang, wochenlang. Clay spürt: Er ist abgemeldet und nutzlos in dieser globalisierten Welt. „Hologramm für einen König“ heißt der außergewöhnliche Roman – eine brillante Wirtschaftssatire und eine literarische Parabel über die Entmenschlichung der Arbeit. Dave Eggers erzählt seine packende Geschichte mit viel Empathie und bestechendem Humor. Das Buch erscheint übermorgen bei Kiepenheuer & Witsch – für mich der bis jetzt beste Roman 2013!