Frauen am Boden

Es reicht. Und es muss sich etwas ändern. Deswegen legen die Frauen in Mareike Fallwickls großartigem Roman „Und alle so still“ (Rowohlt) ihre Arbeit nieder und sich selbst hin. Auf Straßen, Teppiche, Wiesen, überall hin, wo es ihnen gerade passt. Denn sie haben keine Lust mehr, ständig für alles zuständig zu sein und immer alle Sorgenotstände auffangen zu müssen, in Familie und Gesellschaft. Erst sind es nur einige Dutzend Frauen, doch mit jedem Tag werden es mehr – schließlich protestieren Zigtausende auf diese unheimliche Weise; sie sagen nichts, und dennoch schlagen ihre Demonstrationen ein wie Bomben.

“So sieht es aus, wenn das System zusammenbricht.“ kommentiert eine Figur im Buch die Protestaktion, und tatsächlich geht gar nichts mehr ohne Frauen. Die Welt gerät aus den Fugen, und die Frauen sagen weiterhin nichts dazu. Sie legen sich einfach nur hin. Mit diesem grandiosen Setting hat Mareike Fallwickel einen sagenhaften Gesellschaftsroman komponiert. In schnellem Rhythmus sowie mit viel Energie erzählt sie davon, wie aus Erschöpfung Entschlossenheit entsteht, wie die Kaputtgeschufteten im Kollektiv für ihre Interessen kämpfen.

Mareike Fallwickel erzählt ihre Geschichte aus drei Perspektiven: Die junge, selbstbewusste Elin arbeitet als Influencerin und sieht sich mit misogynem Hass im Netz konfrontiert. Ruth ist Ende Fünfzig, und nach dem Tod ihres behinderten Sohnes hat sie wieder angefangen, als Pflegekraft im Krankenhaus zu arbeiten. Nuri stammt aus prekären Verhältnissen, einen Schulabschluss hat er nicht. Nun versucht er, sich als Fahrradkurier, Bettenschubser und Essenslieferant über Wasser zu halten. Diese drei Figuren geraten in die erste Protestaktion der sich hinlegenden Frauen, und fortan geben sie ihren Lebenswegen eine neue Richtung: Sie schließen sich der Bewegung an, um gemeinsam für eine gerechtere Gesellschaft zu kämpfen. Genau dies ist letztlich auch die Botschaft des Romans: Nur mit Solidarität und gegenseitigem Verständnis entsteht ein besseres Leben.

Ich habe den Roman in meiner Literatursendung bei egoFM vorgestellt – ihr hört alle Folgen der Show hier im Stream (ohne Musik).

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