„In dem Moment, in dem die Gesellschaft das Interesse an mir verloren und die Welt mich als unwichtig abgehakt hatte, habe ich mich mehr im Einklang mit mir selbst gefühlt als je zuvor.“ (Dana Spiotta, Unberechenbar, Kjona, übersetzt von Andrea O´Brian)
„Ich wollte ein bisschen egoistisch sein, ein bisschen exzentrisch.“ Das sagt Sam, eine 53jährige Amerikanerin, die ihren Mann und ihre Tochter im gemeinsamen Vorstadthaus sitzenlässt, um endlich selbstbestimmt zu leben. Sam kauft sich ein heruntergekommenes Haus im Problemviertel von Syracuse, schließt sich Widerstandsgruppen für Ü50 Frauen an, demonstriert gegen Donald Trump, hört Hardcore-Fitness-Podcasts und zieht nur noch Jeans und Pullis an.
Dana Spiotta begleitet ihre sympathische Hauptfigur, mit hochwertiger Heiterkeit. Sie lässt Sam von ihrem Ausbruch, ihrem Neuanfang erzählen, voller Sprachwitz und Selbstironie. Aber: Kann man sich überhaupt ändern? Als Frau aus der wohlstandssaturierten Mittelklasse, als Mutter und Ehefrau? Kann man sich einfach so abkoppeln von der Selbstoptimierung, vom Kampf gegens Älterwerden? Diese Fragen und weitere kluge Gedanken treiben den furiosen Plot voran. Und Sam? Die wird immer unberechenbarer.
So entwickelt sich ein lebendiger, ironisierter Roman über eine Befreiung und den Gegenentwurf zum Status Quo. Mit vielen tragikomischen Momenten, berührenden Mutter/Tochter-Szenen und der Erkenntnis, dass es nicht leicht ist sich neu zu erfinden oder im Einklang mit sich selbst zu sein.
Ich habe den Roman in meiner Literatursendung bei egoFM vorgestellt – ihr hört die Show hier im Stream (ohne Musik).