Die Dolmetscherin

Der Internationale Gerichtshof in Den Haag – ein Ort, an dem die schwersten Verbrechen der Welt verhandelt werden. Und nur selten ein Ort, an dem ein brillanter Roman spielt. Doch jetzt ist es soweit, in Katie Kitamuras „Intimitäten“ (Hanser, übersetzt von Kathrin Razum), wo eine Dolmetscherin ihre Heimat New York verlässt, um am Gerichtshof in Den Haag zu arbeiten. Sie mietet ein möbliertes Apartment, freundet sich mit Kolleg*innen an, lernt die für jede Sprache festgelegte Terminologie und dolmetscht die ersten Verhandlungen.

Sie lernt Adriaan kennen und verliebt sich in ihn, und Den Haag scheint zu ihrem neuen Zuhause zu werden. Doch mit jedem weiteren Monat am Gerichtshof spürt sie die physische und psychische Belastung des Dolmetschens. Von ihr wird erwartet, neutral zu sein trotz all der Grausamkeiten, die sie übersetzt. Trotz der Verbrecher, denen sie manchmal geradezu intim ins Ohr flüstern muss. Hinzu kommt, dass ihr Freund zu seiner Ex-Frau nach Lissabon fliegt, angeblich um die Scheidung vorzubereiten. Doch die Dolmetscherin zweifelt daran, zweifelt nun auch an Den Haag, an ihrem neuen Job.

Katie Kitamura fängt alle Schwingungen am Internationalen Gerichtshof ein, alle Nuancen. Sie greift große Fragen auf kleinstem Raum auf und schreibt in einer klaren, eleganten, vielschichtigen Prosa. Ein kleines Kunstwerk um die Frage, wie manipulativ Sprache sein kann und ob eine Dolmetscherin angesichts von Lügen und juristischen Tricks zur Gerechtigkeit beitragen kann. Wirklich brillant.  

Ich habe den Roman in meiner Literatursendung bei egoFM vorgestellt – ihr hört die Show hier im Stream (ohne Musik).

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