„Im Traum laufe ich über die schäumende Gicht, über Baumkronen, wir sind keine Grenzen gesetzt. Ich laufe über Berge und Vulkane, springe über Wolkenfelder, immer weiter. Ich bin im dazwischen, in den Tiefen des Ozeans, verliere mich in der Weite des Horizonts. Meine Beine tasten ins Leere, meine Hände greifen ins Nichts. Es ist als würde ich fallen, schweben, fliegen, oder alles zu gleich. Dann fällt der Himmel auf mich, saugt das Meer mich ein, erstickt mich der Wald. Ich kriege keine Luft. Alles ist dunkel als ich aufwache. Ich weiß nicht wo ich bin.“
Tanja Raich weitet den Blick in ihrem Roman „Schwerer als das Licht“ (Blessing). Sie platziert ihren Plot in einem Paradies. Auf einer tropischen Insel voller Pflanzen, Blüten und Tiere. Es gibt dort alles, was man zum Leben braucht. Eine Frau, die im Süden der Insel gestrandet ist, nutzt die Gaben der Natur, sie baut sich ein Haus und lebt sich ein. Einmal bekommt sie Besuch von einem Mädchen aus dem Norden, das sagt: wir warten auf dich, und etwas später meint es zu der Frau: du bist hier falsch.
Dann passiert Unheimliches: die Blätter der Bäume färben sich schwarz, sie brechen ab und zerbröseln. Nichts wächst mehr. Am Ufer liegen tote Fische. Sterne fallen vom Himmel. Und in der Frau wächst die Angst vor den Leuten aus dem Norden leben. Sie baut ihr Haus zu einer Festung aus und rüstet sich für Angriffe.
Tanja Raich malt faszinierende Bilder mit ihren Worten, Bilder, die man auf verschiedenste Art interpretieren kann. Denn vielleicht erzählt diese Geschichte nicht nur von einer Frau und einer Insel, sondern von der Menschheit und der Zerstörung der Artenvielfalt, von Krieg und Frieden, von Schwere und Leichtigkeit im Leben. Die schleichende Naturkatastrophe beschreibt Tanja Raich schonungslos klar und direkt, doch ihre feine Prosa ist gleichzeitig sanft und stilvoll. Ein berauschendes Leseerlebnis, dunkel und elegant, wie das Cover.
Ich habe den Roman im Podcast LONG STORY SHORT und in meiner Literatursendung bei egoFM vorgestellt – ihr hört die Show hier im Stream (ohne Musik).
Wenn es uns
lange nicht mehr gibt
bleibt den Geschöpfen
das alles erhellende
spendende Licht