„Meine Herkunft war überall in mir, sie bestimmte was ich aß, aber auch wie ich ging, wie ich mich kleidete, wie ich sprach. Mein Körper erzählte eine andere Geschichte als die, die ich durch meinen Willen formen wollte.“
Ich muss ein anderer werden. Ich muss ein anderer werden. Ich muss ein anderer werden. Mantramäßig wiederholt Édouard Louis sein Ziel. Im wahren Leben und in seinem neuen Buch „Anleitung ein anderer zu werden“ (Aufbau, übersetzt von Sonja Finck). Denn er plant eine radikale Veränderung. Er will sich von seiner verhassten Vergangenheit losreißen, koste es, was es wolle. Er will raus aus der Enge und Armut der Arbeiterklasse in Nordfrankreich, rein in die feinsten intellektuellen Pariser Kreise. Und er schafft es. Édouard lernt, anders zu sprechen und zu gehen, er büffelt wie ein Besessener für die Aufnahmeprüfung an einer Eliteuniversität, lässt sich seine Zähne richten und Haare transplantieren.
„Nach und nach löschte ich alle Spuren des Menschen aus, der ich gewesen war.“ schreibt Édouard, und er erzählt davon, wie er mit jedem neuen Schritt glaubte, von seiner Kindheit und seinen Ängsten befreit zu sein. Sein Plan, reich und berühmt zu werden, ein erfolgreicher Schriftsteller, und ein offen schwul lebender Mann, all das empfindet er als Rache an der Welt aus der er kommt. Als Genugtuung für die Erniedrigungen, denen er ausgesetzt war. Dem Mobbing der Mitschüler, die ihn als Schwuchtel beschimpften, und der Kindheit in extremer Armut, der Scham über die eigene Herkunft.
So wird aus Louis´ Erinnerungen die mitreißende Geschichte einer Befreiung, einer Rettung, eines sagenhaften sozialen Aufstiegs. Ein Roman über die Schlüssel und Codes zu einem neuen Leben. Grandios geschrieben und autofiktional.
Ich habe den Roman in meiner Literatursendung bei egoFM vorgestellt – ihr hört alle Folgen der Show hier im Stream (ohne Musik).