Die Sonne von Casablanca bringt einem zum Schmelzen, heißt es gleich auf der ersten Seite von Abigail Assors „So reich wie der König“ (Insel, übersetzt von Nicola Denis), und mich hat dieser Roman zum Schmelzen gebracht. Er erzählt die funkelnde Geschichte einer 16jährigen Französin aus einem Armenviertel, die nur eines will: Den sozialen Aufstieg. Einen reichen Mann, ein Leben im Luxus, in den Villenvierteln auf den Hügeln.
Für dieses Ziel ist Sarah bereit alles zu opfern, ihre Würde, ihren Körper. Sie weiß, wie sie mit ihren Augen all ihren Charme und ihre Schönheit versprühen kann, und sie weiß, wie sie ihre Armut verbregen kann. Nach einem raffinierten Plan verführt sie schließlich Driss, den reichsten der jungen marokkanischen Männer. Wird es ihr gelingen ihn zu heiraten? Beim Lesen bangt und fiebert man mit dem Mädchen, das keine Grenzen zu kennen scheint und der das Risiko ihres Spiels lange nicht bewusst ist.
Die Geschichte vom sozialen Aufstieg erzählt die Assor in eleganter, warmer, weicher Prosa, obwohl sie harte Themen behandelt: Ungerechtigkeit, Unterdrückung, Gewalt und Ausbeutung. Hinter der perfekten literarischen Form lauert die bittere Realität, und Sarah, die 16jährige, merkt, dass sich Driss mit Geld alles kaufen kann was ihr bisher verborgen blieb, einfach so, weil er in eine wohlhabende muslimische Familie geboren wurde.
Also: Ein glitzernder vielschichtiger Casablanca-Roman, der 1994 spielt und dem man anmerkt, dass die Autorin selbst dort aufgewachsen ist. Abigail Assor fängt die Schönheit und die Brutalität der Stadt gekonnt ein und navigiert stilsicher durch alle Wohnviertel und Gesellschaftsschichten. Die 32jährige lebt schon lange in Paris, und ihr Debüt war für den Prix Goncourt de Premier nominiert.
Ich habe den Roman in meiner Literatursendung bei egoFM vorgestellt – ihr hört die Show hier im Stream (ohne Musik).