In einem kleinen Ort am Nord-Ostsee-Kanal spielt dieser vielschichtige Roman von Kristine Bilkau: „Nebenan“ (Luchterhand). Zum Inhalt: Julia und Chris wollen hier neu anfangen – Julia mit einem Kind und einem Keramikladen, Chris als Biologe mit Studien zur Verschmutzung des Wassers.
Doch das sehnlichst gewünschte Kind kommt einfach nicht, obwohl Julia wirklich alles versucht. Und nebenan, im Haus der Nachbarn, ist plötzlich niemand mehr. Keine Spur von der Familie, die dort wohnte. Und so kreisen Julias Gedanken um die verschwundenen Nachbarn, um ihre Fruchtbarkeit, um das Dorf, das immer verlassener wirkt. Was geschieht nur mit ihr selbst, mit ihren Träumen, mit der Welt?
Auch Astrid, eine 60-jährige Ärztin, macht sich Sorgen. Sie lebt fast ihr ganzes Leben im Dorf und führt eine Praxis in der nahen Kreisstadt. Doch in letzter Zeit beunruhigt sie, dass ihre Tante verwirrten Eindruck macht und dass sie selbst anonyme Briefe mit Beleidigungen bekommt. Was passiert mit ihr, den Menschen, dem Dorfleben?
Kristine Bilkau schreibt in weichen, formschönen Wellen, sie erzählt gleichzeitig beruhigend und beunruhigend, und sie findet einen eigenen sanften Ton, einer Stimme der man vertraut, und es scheint als ob sie über den Häusern schwebt, hinein schaut in die Zimmer und Herzen ihrer Bewohner*innen. Bilkau interessiert sich für Veränderungen, für Stimmungen, und wenn alle Soziologinnen so schreiben könnten wie sie, würden wir wohl auch in ihren Studien so tief versinken wie in diesem Buch.
Ich habe den Roman im Podcast LONG STORY SHORT und in meiner Literatursendung bei egoFM vorgestellt – ihr hört die Show hier im Stream (ohne Musik).